Persona 5 Review: Der Rollenspiel-Pflichtkauf des ersten Halbjahres

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Test Katharina Pache - Autorin 53,99 €
Persona 5 Review: Der Rollenspiel-Pflichtkauf des ersten Halbjahres
Quelle: Atlus

Das Remake von Persona 4 fuhr vor einigen Jahren echte Traumwertungen ein. Kratzt auch der heißersehnte Nachfolger Persona 5 an der 90er-Marke? Eines steht auf jeden Fall fest: Ihr habt sicher selten ein so konsequent durchgestyltes, liebevoll umgesetztes Abenteuer erlebt. Alle Infos findet ihr im ausführlichen Test + Video!

Undank ist der Welten Lohn: Auf dem Heimweg von der Schule wird der namenlose Held von Persona 5 (jetzt kaufen 17,18 € / 53,99 € ) eines Abends Zeuge, wie eine Frau von einem angetrunkenen Glatzkopf belästigt wird. Mutig geht er dazwischen, doch die Zivilcourage bereut er wenig später: Der Übeltäter stürzt und verletzt sich. Flugs flattert eine Anzeige wegen Körperverletzung ins Haus und stellt das Leben des Protagonisten auf den Kopf. Er wird zu Unrecht verurteilt und ist nun vorbestraft - in der kleinen Ortschaft wird er deshalb geschnitten und sogar der Schule verwiesen. So kommt es, dass er ein Jahr Auszeit in Tokio nehmen muss, wo er bei einem Freund der Familie unterkommen soll, Sojiro Sakura.

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Persona 5 im Video-Test: Das beste Rollenspiel dieses Jahres?

Persona 5 im Test: Welcome to the jungle

Andere Rollenspielprotagonisten fahren in Luxuslimousinen mit ihren Kumpels durchs Land, der Held in Persona 5 muss auf sich alleine gestellt den Weg durch den Bahnnetzdschungel Tokios in Richtung Schule finden. Realität und Spiel liegen nicht weit auseinander: Zwischen allerlei Treppen, Fluren und Bahnsteigen und ohne Marker auf der Karte bleibt euch nichts anderes übrig, als aufmerksam alle Schilder zu lesen, um schließlich an euer Ziel zu gelangen. Wieso ihr aber auf den letzten Metern statt in der Schule in einer Ritterburg landet, das stellt euch dann doch vor ein gigantisches Rätsel ... Und mit dieser Begebenheit beginnt euer aufregendes Jahr in der Hauptstadt Japans - und das ist erst der Anfang einer ganzen Reihe von wirklich denkwürdigen Ereignissen!

Persona 5 im Test: Viel zu erzählen

Ab und zu wird die Geschichte in Form von animierten Zwischensequenzen weitergesponnen. Deren Qualität ist jedoch nur Durchschnitt. Quelle: PC Games Ab und zu wird die Geschichte in Form von animierten Zwischensequenzen weitergesponnen. Deren Qualität ist jedoch nur Durchschnitt. Persona 5 ist ein extrem storylastiges Spiel, das aber inhaltlich nichts mit den Vorgängern zu tun hat. Die Geschichte steht komplett auf eigenen Füßen und eignet sich somit für alle, die mit Persona 5 in die Serie einsteigen wollen. Im Grunde dreht sich alles um eine Gruppe Jugendlicher, die im Japan der Gegenwart unter diversen gesellschaftlichen Zwängen leben und leiden. Die halbjapanische Ann mit den blonden Haaren etwa sticht aus der Masse heraus und hat deshalb fast keine Freunde, dem Protagonist hingegen eilt der Ruf als Schläger und Krimineller voraus - kein Wunder, dass auch mit ihm kaum jemand etwas zu tun haben will. Zur einer eingeschworenen Gemeinschaft werden diese Teenies als langsam klar wird, dass sie eine ganz besondere Begabung haben: Sie können das sogenannte Metaverse betreten, eine andere Dimension, und dort gegen Schatten kämpfen - das sind Dämonen, geboren aus den Begierden anderer Menschen. Manche Personen in der realen Welt haben so verzerrte Ansichten, dass im Metaverse ein sogenannter Palast entsteht, ein riesiger Dungeon voller Dämonen. Die Festung, in die der Held gestolpert ist, gehört niemand anderem als dem gefeierten Sportlehrer der Shujin Akademie, Suguru Kamoshida. Hinter der glänzenden Fassade verbirgt sich ein echter Widerling, der die Mitglieder seines Sportteams psychisch und physisch misshandelt und gegeneinander ausspielt. Zu seinen Schülerinnen hingegen pflegt er ein besonders "enges" Verhältnis. Irgendwie muss man diesem Ekel doch Einhalt gebieten? Doch die Opfer halten aus Angst und Scham den Mund und die Verantwortlichen sehen aufgrund der sportlichen Erfolge über die Misshandlungen hinweg.

Eine sprechende Katze namens Morgana, die der Held aus dem Palast von Kamoshida befreit, bringt den Stein ins Rollen und führt euch in die Geheimnisse des Metaverse ein. Schafft man es nämlich, den Schatz eines Palastbesitzers im Metaverse zu rauben, wird die Person in der echten Welt geläutert, ihre Sünden gestehen und bereuen. Wieso also nicht Kamo­shidas Burg einen weiteren Besuch abstatten, den Ursprung seiner Verkommenheit rauben und so zig Schülern helfen? Die Phantom Thieves of Heart werden geboren, Mitglieder sind der Held, Ann, Ryu­ji und Morgana, die es sich zum Ziel erklärt haben, die überall herrschende Ungerechtigkeit zu bekämpfen, indem sie Schätze aus den Palästen gestörter Menschen stehlen. Nach den ersten Erfolgen lässt die Medienaufmerksamkeit nicht auf sich warten: Fan-Seiten entstehen, Trittbrettfahrer tauchen auf, Merchandise wird verkauft und Polizei und Politik stellen Nachforschungen an, wie die Phantom Thieves es schaffen, dass sich Verbrecher plötzlich stellen und gestehen. Nebenher terrorisieren Amokläufen die Großstadt, bei denen Menschen wie ferngesteuert Unfälle verursachen. Kurz: Es geht drunter und drüber!

Persona 5 im Test: Zwischen zwei Welten

Im Maid-Cafe werdet ihr nicht nur Geld los, sondern verbessert mitunter eure Charaktereigenschaften. Zum Beispiel die Geduld. Quelle: PC Games Im Maid-Cafe werdet ihr nicht nur Geld los, sondern verbessert mitunter eure Charaktereigenschaften. Zum Beispiel die Geduld. Persona 5 lässt sich grob in zwei Aspekte einteilen: Das Dasein als Schüler und das Dasein als Herzensdieb. Ihr habt Pflichten im Alltag, denen ihr nachkommen müsst, dazu gehört es, im Café zu helfen, das euer Erziehungsberechtiger Sojiro betreibt, und zur Schule zu gehen. Taschengeld gibt es nicht, wenn ihr Kohle braucht, müsst ihr euch einen Nebenjob besorgen. Aber wie im echten Leben geht es nicht nur um das Abhaken diverser Aufgaben. Helft ihr Sojiro beim Kaffeekochen, lernt ihr dabei nicht nur Wissenswertes zu diversen Bohnen und Anbaugebieten, sondern kommt dem grummeligen, älteren Herren auch näher, erfahrt, wie er denkt, worum er sich sorgt und was ihm wichtig ist. Der Aufbau von Beziehungen zu anderer Charakteren ist ein essentieller Bestandteil von Persona 5. Wenn ihr anderen helft, ihnen zuhört, mit ihnen ausgeht und ihnen Freude macht, entfaltet sich nicht nur das verborgene Innenleben der NPCs, sondern auch ein Vertrauensverhältnis, das euch in Kämpfen zu Nutze sein wird. Unter Umständen entwickelt sich gar eine Romanze mit einer der Damen im Spiel.

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Persona 5: Die Paläste des Bösen im neuen Trailer

Persona 5 im Test: Eine Frage der Persona

Mit dem Kampfsystem hängt eure Beziehung zu anderen Menschen wegen der titelgebenden Personas zusammen. Diese Aspekte eurer Persönlichkeit manifestieren sich im Metaverse, sobald man sich ihrer bewusst wird. Während eure Mitstreiter an eine feste Persona gebunden sind, kann der Protagonist seine Personas wechseln, sie fusionieren und verstärken. Jede Persona gehört einem von 22 Typen an, die jeweils nach den großen Arkana-Karten eines typischen Tarotdecks benannt sind. Jeder Charakter, dem ihr näherkommen könnt, gehört zu einer Arkana-Karte - die blonde Ann zum Beispiel herrscht über die Tarot-Karte Die Liebenden. Verbringt ihr Zeit mit Ann, steigt euere Affinität zur Liebenden-Karte, womit Fu­sionen von Personas, die zu diesem Typ gehören, einen Bonus erhalten.

Je tiefer die Freundschaft, desto höher die Belohnung. Außerdem verdient ihr regelmäßig zusätzliche Fähigkeiten: Freundet ihr euch mit einer Shogi-Spielerin an, lernt ihr Strategietipps und könnt fortan auch dann aus Kämpfen fliehen, wenn euch die Gegner umstellt haben. Für die meisten eurer Unternehmungen erhaltet ihr zudem Erfahrungspunkte für eine von fünf Eigenschaften: Charme, Wissen, Mut, Geschicklichkeit und Empathie. Um manchen Menschen näher zu kommen, braucht ihr zum Beispiel ein gewisses Maß an Mumm oder Einfühlungsvermögen.

Persona 5 im Test: Zeit ist Geld und Erfahrung

Einige Orte könnt ihr nur mit Freunden zusammen besuchen. Jeder hat andere Vorlieben. Ann gefällt das Planetarium zum Glück gut! Quelle: PC Games Einige Orte könnt ihr nur mit Freunden zusammen besuchen. Jeder hat andere Vorlieben. Ann gefällt das Planetarium zum Glück gut! Natürlich habt ihr nicht unendlich Zeit zum Herumhängen. Pro Tag bleibt maximal Raum für zwei Dates mit Bekannten - nicht eingerechnet sind da Nebenjobs, Pauk-Sessions und andere Beschäftigungen wie Lesen oder Angeln. Regelmäßig finden zudem Veranstaltungen statt, bei denen ihr kaum Zeit für euch habt, etwa die Prüfungswochen oder Schulausflüge. Da alle potentiellen Gefährten nicht nur spannende Geschichten versprechen, sondern auch handfeste Boni im actionreicheren Part des Spiels liefern, fällt es schwer, sich zwischen ihnen entscheiden zu müssen. Immerhin steigen einige wenige Arkana, wie etwa das von Katze Morgana, im Spielverlauf automatisch. Wer die zehnte und letzte Stufe der Vertrautheit mit einem Charakter erreicht, der bekommt Zugriff auf eine ganz besondere Persona und hat einen Freund fürs Leben gewonnen.

Persona 5 im Test: Viel um die Ohren

In den unterirdischen Mementos bringt ihr Kleinkriminelle und andere Schmalspurbösewichter zur Strecke. Quelle: PC Games In den unterirdischen Mementos bringt ihr Kleinkriminelle und andere Schmalspurbösewichter zur Strecke. Solltet ihr euch entscheiden, einen Ausflug ins Metaverse zu starten, geht dafür nicht nur ein großer Teil des Tages drauf, ihr seid auch zu müde, um abends noch etwas zu unternehmen - bei eurer Planung solltet ihr das berücksichtigen. Zudem ist jeder Palastraubzug mit einer Deadline verknüpft. Beispielsweise habt ihr zwei Wochen Zeit um Kamoshidas Schatz zu stehlen, bevor er euch der Schule verweist, weil ihr mit ihm aneinandergeraten seid. Die Paläste jedoch sind oft große Labyrinthe, durch deren Gänge Dämonen patroullieren und die mit Fallen und rätselhaften Mechaniken ungebetene Gäste fernhalten. Wie bereits in Persona 4 passt jede dieser Festungen zu dem verzerrten Bild der Realität, das dessen Besitzer pflegt. Ein Erpresser etwa sieht andere Menschen als reine Geldautomaten und residiert im Metaverse als Chef einer riesigen Bankfiliale. Der Lokalität entsprechend müsst ihr diverse Schutzvorkehrungen umgehen und euch im Kampf beweisen - zwischendrin macht ihr Pause in sicheren Räumen, in denen ihr speichern und zu denen ihr schnellreisen könnt.

Persona 5 im Test: Stein-Schere-Persona

Jeder eurer Begleiter beherrscht eine bestimmte Persona mit gewissen elementaren Vorteilen und Schwächen. Quelle: PC Games Jeder eurer Begleiter beherrscht eine bestimmte Persona mit gewissen elementaren Vorteilen und Schwächen. Das Kampfsystem in Persona 5 ist klassisch rundenbasiert. Maxi­mal vier Teilnehmer stehen auf eurer Seite auf dem Schlachtfeld (der Held muss zwangsläufig darunter sein), während die Gegner euch durchaus zahlenmäßig überlegen sein können. Habt ihr euch an einen Gegner herangepirscht und ihn überrascht, startet das Gefecht mit einem Vorteil für euch: Ihr seid zuerst am Zug und könnt dem Kampf eventuell sofort ein Ende setzen. Während eures Zuges habt ihr die Wahl zwischen Nahkampfangriffen und Schusswaffen­attacken (diese verbrauchen Munition), oder ihr lasst eure Persona für euch angreifen. Zauber kosten euch in diesem Fall SP, Nahkampfangriffe eurer Persona kosten euch Lebenspunkte. Beides lässt sich zwar durch Heilzauber und Regenerationsitems wieder auffüllen, allerdings nicht unbegrenzt, sodass es so gut wie unmöglich ist, an einem einzigen In-Game-Tag einen ganzen Dungeon abzuschließen. Bei der Wahl der Attacken ist Taktik gefragt, denn die meisten Personas sind anfällig gegenüber mindestens einer Art Element. Dazu kommen bestimmte Wechselwirkungen, ein brennender Gegner etwa nimmt besonders viel Schaden, wenn er von einem Windangriff getroffen wird, und Feinde, die unter einem Statuseffekt leiden, werden besonders hart von Nuklear- oder Psychoangriffen in Mitleidenschaft gezogen. Die Bezeichnungen der unterschiedlichen Zauber können für unerfahrene Spieler im ersten Moment verwirrend sein, auch wenn man so gut wie immer die Möglichkeit hat, die Effekte nachzulesen. Das Ziel bei so gut wie jedem Kampf ist es, die Feinde durch den Einsatz effektiver Angriffe benommen aufs Parkett zu schicken, sodass das Team eine gemeinsame, verheerende Attacke starten und den Feind hoffentlich dadurch ausschalten kann.

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Persona 5: Unboxing-Video zur "Take Your Heart" Premium Edition

Persona 5 im Test: Aus Alt mach Neu

Die Paläste und dort ansässigen Personas sind alle passend zu den psychologischen Problemen der Besitzer gestaltet. Quelle: PC Games Die Paläste und dort ansässigen Personas sind alle passend zu den psychologischen Problemen der Besitzer gestaltet. Um an neue Personas zu kommen, müsst ihr gegnerische Dämonen überreden, sich auf eure Seite zu schlagen. Bei diesen Verhandlungen versucht ihr, die richtigen Antworten anhand der Persönlichkeit des Persona-Wesens zu wählen. Bei Erfolg reiht sich der Kandidat in euren Persona-Pool ein und ihr könnt ihn fortan im Kampf einsetzen, oder mit einem anderen Wesen verschmelzen. Dabei entstehen mächtigere Exemplare, die von der Stärke der Freundschaft zum dazugehörigen Arkana-NPC profitieren. Außerdem vererben die Ursprungs-Personas Attacken an den Nachwuchs, sodass ihr Einfluss habt auf die Fähigkeiten eures neuen Begleiters. Durch Attackenkarten bringt ihr euren Schützlingen manuell neue Moves bei, doch die müsst ihr erstmal finden! Mit gesammelter Kampferfahrung leveln Held, Begleiter und alle eingesetzten Personas auf, für zusätzliche Boni legt ihr neue Klamotten und Waffen an, die ihr in Dungeons findet oder in Shibuya kauft.

Persona 5 im Test: Zufall und Absicht

Die Verliese, die zur Hauptstory gehören, sind allesamt handgearbeitet und weniger öde aufgebaut als noch im Vorgänger. Die in Mode gekommene Zufallsgenerierung von Dungeons kommt aber auch in Persona 5 vor. Unter der Stadt erstrecken sich die sogenannten Mementos, ein verschlungenes Ubahnnetzwerk, das aus dem Unterbewusstsein sämtlicher Stadtbewohner entstanden ist und das ebenfalls Dämonen und kleinere Verbrecher beherbergt. Je weiter ihr in der Story voranschreitet, desto tiefere Ebenen schaltet ihr zum Erkunden frei. Alle paar Stockwerke gibt es sichere Zonen, in denen ihr den Fortschritt speichert und die ihr später wieder per Schnellreise erreicht. Zahlreiche Nebenmissionen finden in den Tunneln statt: Um etwa die Freundschaften mit manchen Charakteren voranzutreiben, müsst ihr gewisse Schurken in den Mementos stellen. Da das Ausmaß der jeweiligen Etagen begrenzt ist, geht das Erkunden recht flott vonstatten, und bei Geld- und Erfahrungspunktemangel lohnen sich regelmäßige Ausflüge in den Untergrund.

Persona 5 im Test: Noch mal für alle

Selbst die Bildschirmanzeigen werden mit viel Stil präsentiert. Da schaut man trotz etwas angestaubter Technik nur allzu gerne hin. Quelle: PC Games Selbst die Bildschirmanzeigen werden mit viel Stil präsentiert. Da schaut man trotz etwas angestaubter Technik nur allzu gerne hin. Persona 5 ist ein facettenreiches Spiel mit einer durchaus komplexen Handlung - komprimiert klingt es vielleicht, als könne Persona so manche Spieler überfordern, doch der Titel gibt sich viel Mühe, alle Aspekte ausreichend und meistens auch mehrmals zu erläutern. Verständnisprobleme der Mechaniken sollte es also so gut wie gar nicht geben. Auch die Handlung kann man nachlesen, was sich dann als praktisch erweist, wenn man eine längere Pause beim Spielen eingelegt hat und nicht mehr genau weiß, was zuletzt passiert ist. Der Nachteil dieses sehr behütenden Umgangs mit dem Spieler: Manch einer dürfte sich bemuttert fühlen von den Wiederholungen und Erklärungen, gerade, wenn man mit der Serie bereits Erfahrung gesammelt hat. Deshalb ist der Einstieg in das Abenteuer auch der mühsamste Part des Abenteuers - erst, nachdem der zweite Palast gefallen ist, nimmt Persona 5 richtig Fahrt auf. Gegen Abschluss der Reise dann, wenn das Jahr sich dem Ende neigt und man mit vielen Figuren enge Kontakte geknüpft hat, ist es fast undenkbar, den Controller aus der Hand zu legen. Etwas zwiespältig ist in diesem Zusammenhang die Rolle von Katze Morgana, die den Helden bei fast allen Gelegenheiten begleitet. Sie dient als eine Art Tippsgeber und Kommentator. Morgana ist durchaus ein interessanter Charakter und wächst einem rasch ans Herz, die immer gleichen Kommentare hätten aber nicht sein müssen. Das gilt auch für die Sprachausgabe - in Kämpfen etwa wiederholen sich einige Sätze der Teammitglieder zu oft hintereinander. Zwar nicht jedes Mal, aber häufig, wenn ein neues Teammitglied zu den Dieben stößt, wird erneut ausgebreitet, wie das Metaverse, Personas, Paläste und Schätze funktionieren. Wenn man sich Zeit lässt für dieses RPG mit mehr als 80 Stunden Spieldauer, und zwischen den Sitzungen längere Pausen einlegt, fällt dieser Makel nicht so sehr auf, wie wenn man längere Phasen am Stück spielt.

Persona 5 im Test: Absolut stilsicher

Die Attackenarten unterscheiden sich in Effektivität, Kosten und Einsatzmöglichkeiten. Plant eure Schritte gut, wenn ihr Erfolg haben wollt! Quelle: PC Games Die Attackenarten unterscheiden sich in Effektivität, Kosten und Einsatzmöglichkeiten. Plant eure Schritte gut, wenn ihr Erfolg haben wollt! Die Präsentation von Persona 5 ist ein echtes Highlight - es gibt wenige Spiele, die durchgehend so stilvoll und ästhetisch designt daherkommen. Grafiken im Banksy-Stil, plakative Farbkombinationen (allen voran der ikonische Schwarz-Rot-Kontrast), fantastisch dargebotene Menüs und fantasievolle Personakreationen machen das RPG zu einem wahren Augenschmaus, bei dem man oft ganz vergisst, dass es sich im Grunde nur um ein höher aufgelöstes PS3-Spiel handelt. Mit fotorealistischen Titeln wie einem Horizon: Zero Dawn kann das Mammutwerk aus Japan freilich nicht konkurrieren, aber dank der geschmackvollen, farbenfrohen Gestaltung und der unfassbaren Hingabe zum Detail, die sich bis auf das Ladebildschirm-Icon erstreckt, fällt es schwer, sich nicht in die Optik zu verlieben. Dank des Comicstils fallen auch die teilwese groben Texturen weniger negativ auf als erwartet. Geschmackssache ist dann schon eher das Charakterdesign, für das ein weiteres Mal der bekannte Künstler Shigenori Soejima verantwortlich zeichnet. Typisch für dessen Stil sind die giraffenartigen Hälse, zu lange Nasen und extrem weit auseinanderstehende Augen der Figuren. Für Wiedererkennungswert sorgt das nicht alltägliche Design der Charaktere aber allemal.

Persona 5 im Test: Da hört man gerne zu

Die Dungeons bestehen nicht zwangsläufig alle aus finsteren Schlauchgängen. Hier kriegt man sogar etwas Sonne ab! Quelle: PC Games Die Dungeons bestehen nicht zwangsläufig alle aus finsteren Schlauchgängen. Hier kriegt man sogar etwas Sonne ab! Ohrwurmtauglich wie für die Serie üblich kommen die herausragenden Kompostitionen von Shoji Meguro daher. Bemerkenswert: Auch nach zig Stunden Spielzeit gehen einem die Melodien nicht auf die Nerven. Die Instrumental- sowie die von Gesang unterstützten Stücke lassen sich grob irgendwo zwischen Jazz, Funk und Blues einordnen. Einen guten Job haben auch die meisten englischen Sprecher erledigt; manche Mädchenstimmen orientieren sich genreüblich zu stark an den hohen Originalklangfarben und klingen mitunter sehr unnatürlich. Zwar ist die japanische Original-Synchro nicht auf der Disc enthalten, man soll diese jedoch ab Release kostenlos herunterladen können. Deutsche Texte sucht ihr auf jeden Fall vergeblich, bereits die Lokalisierung ins Englische hat über ein Jahr gedauert, andere Sprachen werden nicht mehr umgesetzt. Da Persona 5 ein sehr storylastiges Spiel mit jeder Menge Dialoge voller Jugendjargon ist, sind sehr gute Englischkenntnisse Voraussetzung, um alles in ausreichendem Maße zu verstehen. Besonders knifflig wird es unter Umständen beim Lösen von Kreuzworträtseln oder bei einigen Fragen in den Schulprüfungen - an diesen Stellen müssenmanchmal auch Fremdsprachenexperten eine Suchmaschine zu Rate ziehen.

Persona 5 im Test: Ein Auf und Ab

Wenn ihr einem Feind ungesehen in den Rücken fallt, dürft ihr im folgenden Rundenkampf zuerst zuschlagen. Ein wichtiger Vorteil! Quelle: PC Games Wenn ihr einem Feind ungesehen in den Rücken fallt, dürft ihr im folgenden Rundenkampf zuerst zuschlagen. Ein wichtiger Vorteil! Die Balance zwischen den Aufgaben im normalen Leben des Helden sowie den Ausflügen in das Metaverse sorgt für eine schönen Spielrhythmus, der Action und Story miteinander verzahnt. Ab und zu nimmt ein Part zu stark überhand über den anderen, dann wird etwa tagelang geredet oder man hängt eine Weile in einem Dungeon fest. Generell ist das Spielgefühl aber ausgewogen und gelungen. Der Schwierigkeitsgrad "normal" ist vollkommen akzeptabel, für Kenner dürfte das Abenteuer sogar zu einfach sein. Ausuferndes Grinding wie in anderen japanischen Rollenspielen steht in diesem Modus nicht auf dem Programm. Wer sich vor allem auf die Story konzentrieren möchte, wählt eine niedrigere Stufe aus und wer die Kämpfe knackig mag, entscheidet sich für einen höheren Schwierigkeitsgrad - außerdem kann man Rede- und sogar Kampfsequenzen schneller abspulen oder überspringen. Gerade nach dem ersten Durchspielen ist das praktisch.

Persona 5 im Test: Startschwierigkeiten

Gerade im Vergleich mit dem sofort spannenden Persona 4 fallen die Startschwierigkeiten der Story auf, nicht nur wegen des trägen Einstiegs, sondern auch, weil die Motivation der Figuren nicht immer ganz nachvollziehbar ist. Während wir am eigenen Leib feststellen, wie sadistisch Lehrer Kamoshida sein Unwesen treibt, werden die Untaten des zweiten Ziels nie direkt verdeutlicht. Das Unwohlsein angesichts der Selbstjustiz, die die Thieves of Hearts üben, ist durchaus gewollt, erschwert teilweise aber dennoch die Identifizierung mit den handelnden Figuren. Und so spannend und im Großen und Ganzen gut geschrieben die Handlung auch ist, an einigen Stellen warten Logiklücken und arg vorhersehbare Wendungen. Das schmälert das Vergnügen teilweise, verdirbt das Abenteuer aber auf keinen Fall insgesamt. Gelegentlich sind die Hintergrundstorys der Nebenfiguren etwas albern oder klischeebeladen, doch viele kommen erfreulich nuanciert daher und bei jeder Bekanntschaft ist man neugierig zu erfahren, was wohl hinter der Fassade steckt.

Persona 5 im Test: Eine andere Welt

Die Mementos unter Tokio wachsen, wenn sich der Einfluss der Phantomdiebe erweitert. Je tiefer, desto gefährlicher die Feinde. Quelle: PC Games Die Mementos unter Tokio wachsen, wenn sich der Einfluss der Phantomdiebe erweitert. Je tiefer, desto gefährlicher die Feinde. Persona 5 ist ein Erlebnis, auf das man sich einlassen muss, und das man kaum in kurzen Häppchen zu spielen vermag. Nur noch ein Tag, nur noch bis zum nächsten Save Room - und schon sind vier Stunden vergangen. Technisch mag dieses Rollenspiel vielleicht nicht zu den modernsten Werken gehören, das gleicht Persona 5 aber mit der unfassbar stilvollen Präsentation wieder aus. Die Kombination aus Musik, Optik und Design ergibt hier ein wirklich rundes und einzigartiges Gesamtpaket. Erwähnenswert auch, dass beim Spielen keinerlei Bugs oder Abstürze zu verzeichnen waren, außerdem läuft Persona 5 beinahe durchgehend flüssig. In technischer Hinsicht gibt es in dieser Hinsicht nur noch zwei kleine Kritikpunkte: Die Kamera beim Schleichen und Anlehnen an Wänden ist störrisch, und das hübsche Bild wird oft von einer Menge (Text-)Einblendungen, Effekten und Sprechblasen verdeckt. In den Mementos etwa erschwert das die Navigation, wenn man Dämonen ausweichen will.

In Tokio ist immer etwas los. In den zahlreichen Geschäften findet ihr allerlei nützliche Items. Quelle: PC Games In Tokio ist immer etwas los. In den zahlreichen Geschäften findet ihr allerlei nützliche Items.
Die Wartezeit auf Persona 5 war exorbitant, aber sie hat sich definitiv gelohnt. Herausgekommen ist ein echtes Schmuckstück für alle JRPG- und PS4-Spiele-Sammlungen. Auch, wer mit Serie und Materie bislang wenig Berührungspunkte hatte, der sollte einen Blick in dieses außergewöhnliche Abenteuer wagen, das es schafft, die moderne Gesellschaft gekonnt zu beleuchten und das viele Themen aufgreift, die unseren Alltag bestimmen. Dazu gehört die immer aktuelle Frage nach Schuld, nach Freiheit und nach der Verantwortung, die wir gegenüber unseren Mitmenschen haben.

Persona 5 im Test: Fazit und Wertung

Wertung zu Persona 5 (PS4)

Wertung:

9/10
Pro & Contra
Spannende StoryInteressante CharaktereExtrem stilvolle PräsentationOrdentliches RundenkampfsystemGuter SpielryhythmusFacettenreiches SpielprinzipGelungene MusikuntermalungGroßer UmfangKeine Abstürze, keine BugsJede Menge Raum zum Verfeinern der StrategieGuter WiederspielwertToll gestaltete MonsterDungeons abwechslungsreicher als zuvor
Handlung nimmt nur langsam Fahrt aufEinige LogiklückenKatze Morgana nervt manchmalMotivation diverser Charaktere manchmal nicht nachvollziehbarEin paar doofe und/oder klischeehafte HandlungssträngeNur auf EnglischKamera zeigt sich nicht immer kooperativGroßteil des Bildes oft von Einblendungen verdecktTeilweise schwache Texturen
Fazit

Stilsicher, außergewöhnlich, charmant: Ein echtes JRPG-Highlight!

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    • Kommentare (27)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von combine Gelegenheitsspieler/in
        hab vorher noch nie so ein spiel gespielt
        wo ich nach 10 stunden viele spiele schon durch hattehab ich hier noch ned mal richtig das tutorial fertig
        das spiel ist phänomenal, ein echtes meisterwerk das wird noch lange nachhallen denke ich
      • Von combine Gelegenheitsspieler/in
        hab vorher noch nie so ein spiel gespielt
        wo ich nach 10 stunden viele spiele schon durch hattehab ich hier noch ned mal richtig das tutorial fertig
        das spiel ist phänomenal, ein echtes meisterwerk das wird noch lange nachhallen denke ich
      • Von Xivanon Hobby-Spieler/in
        Zitat von Sayaka
        da ich als Anime Fan es schon so gewohnt bin alles auf Englisch untertitelt zu haben mit Japanischen Sprechern, fällt es mir schon mehr auf wenn ich mal etwas auf Deutsch höre. Vielleicht weil ich es schon so gewohnt bin klingen Deutsche und Englische Sprecher für mich einfach seltsam und unpassend.
        Ich weiß genau was du meinst. :D
      • Von Spiritogre
        Zitat von linktheminstrel
        persona 3 kam später auch in erweiterter version für die psp raus...
        Ah, stimmt.
        Die Titel sind auch teilweise im PSN erhältlich.

        Wen die Serie interessiert, hier gibt es die vollständige Liste mit den knapp 30 Hauptteilen seit 1987 und den Spinoffs: https://en.wikipedia.org/...
      • Von linktheminstrel Spiele-Kenner/in
        Zitat von Spiritogre
        Ja, Playstation 3 und 4. Persona 4 gibt es für Playstation 2 und PS Vita, Persona 3 nur für PS2 und die Vorgänger Persona 1 und 2 für PS1 und PSP. Die Hauptserie Shin Megami Tensei verteilt sich vorwiegend auf PS2 und Nintendo (3)DS.
        Wobei das erste SMT noch für irgend so einen japanischen PC erschien.
        persona 3 kam später auch in erweiterter version für die psp raus...
      • Von kornhill Spiele-Enthusiast/in
        Ich möchte mich für den vorherigen Post entschuldigen. Mir ist da etwas der Kragen geplatzt. Beim Herrn Schmitt und auch bei Frau Reuss, das dies unter ihrem Test geschieht. Auf der eine Seite meine ich zwar das was ich geschrieben habe, auf der anderen Seite ist das aber überhaupt nicht die Richtung in die ich will da es sehr angreifend war. Und eigentlich bin ich hier um etwas Spaß und Erholung zu haben.

        Noch zur Erklärung:
        Zum Beispiel der Dark Souls Vergleich im Zelda Test. Ich frage mich warum dieser Vergleich nicht zu Ende geführt wird, wenn dieser angesprochen wird. Es ist ja egal wie der Vergleich ausfällt, man kann das in Worte verpacken wie man es Empfunden hat, wo Unterschiede liegen, warum man den Gedanken hatte. Wenn das Gefühl beim Kämpfen an DS erinnert kann man sowas doch beschreiben und nicht unerklärt stehen lassen. Ich finde auch das man nicht alle Mechaniken im Spiel so genau erklären sollte. Viel eher kann man auch etwas das Gefühl wie man es selbst empfunden hat, oder das Erlebnis beschreiben. Eine 94 kommt ja nicht irgendwo her und kann sehr wahrscheinlich nicht mit einfachen erklären der Mechaniken beschrieben werden. (Genau wie Nier oder Persona) Warum wird nicht darauf eingegangen was das Spiel wirklich ausmacht? Warum wird nicht erklärt warum man diese Note gezückt hat? Es geht viel weniger um Mechaniken als um Empfinden. Was ich hier oft vermisse ist die Freude die Spiele eigentlich machen. Und wenn ich das sagen wollte, dann war mein vorheriger Post einfach total dumm. Daher Entschuldigung nochmals.
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